Freitag, 5. Mai 2017

Normandie, 7. Tag, Agon-Coutainville, Blainville-sur-mer

Ein bisschen bewölkt ist es schon, Hauptsache, es regnet nicht. Wir
steigen wieder in unseren Clio. Wenn man gewohnt ist, immer so richtig viel Autoblech um sich zu haben, ist fahren in solch einer kleinen Keksdose schon ein wenig befremdlich, aber ich will mir jetzt auch gar nicht vorstellen, das uns jemand in die Seite fährt. Aber so langsam haben wir uns mit dem Clio angefreundet und entdecken seine Besonderheiten, trotzdem mögen wir keine grösseren Strecken damit zurücklegen, aber um die nähere Umgebung zu erkunden ist das absolut passend. 




Heute geht es ein wenig die Westküste in südliche Richtung, aber nicht bis zum Mont Saint Michel, denn den kenne zumindest ich schon und Monsieur bevorzugt eher die ruhigeren, nicht allzu touristischen Orte. Überhaupt sind wir froh, dass wir in der absolut ruhigen Saison unterwegs sind, überall noch einen Parkplatz finden und alle angesteuerten Wege zum Strand noch frei zugänglich sind.




Also, dann fahren wir mal los über Anneville-sur-mer und Gouville-sur-mer nach Agon-Coutainville – eine hübsche Kleinstadt mit normannischen Villen und kleinen bunten Häusern (hier gefällt es mir richtig gut), einem Marktplatz und einem schönen Café, Bar, Restaurant und gleichzeitig ein Feinkostladen mit auserlesenen Teesorten, Kaffee, Weinen undundund... dort kann man mit Blick aufs Meer einen Cidre trinken bzw. Monsieur ein belgisches Bier.




Bevor wir weiterfahren, müssen ein paar kleinere Einkäufe doch noch sein, ein bisschen Tee, ein bisschen Wein und Sardinen in Chili-Olivenöl eingelegt kommen mit.




Dann zurück über Blainville-sur-mer. Dort habe ich in dem lesenswerten Buch aus der Edition der Süddeutschen Zeitung „Eine perfekte Woche .... Normandie“ das direkt am Strand gelegene „Restaurant“ La Cale entdeckt. An diesem Restaurant scheiden sich die Geister – bei Madame und Monsieur auch – zunächst weigerte sich Gerhard, „diese Bretterbude“ überhaupt zu betreten. Es ist schon sehr gewöhnungsbedürftig, doch nach allem, was ich mittlerweile über das La Cale gelesen habe, das ging vom „schlechtesten Restaurant Frankreichs“ bis hin zu wahren Begeisterungsstürmen, wollte ich da unbedingt hin.





Eine bunt zusammengewürfelte Mischung von Bänken, Tischen und Stühlen, teilweise etwas baufällig, aber es ist ja sowieso zu kalt zum draussensitzen, also, dann mal rein. Ohjeh... es gelingt mir gerade so im letzten Moment, Gerhard vom Umkehren abzuhalten. "Halb zog sie ihn, halb sank er hin, und ward am Tisch gesehn 😀"




Da trifft uns doch tatsächlich die volle Wucht... ich schaffe ich es zwar, ihn dazu zu bewegen, an einem der Tische Platz zu nehmen. Nein! Nein! Essen will er hier keinesfalls. Auch der Blick in die Küche beruhigt ihn kaum, doch die ist tatsächlich sauber. 





Wir bestellen Wein, die Flasche wird an den Tisch gebracht, ein Korkenzieher zum selber öffnen dazu gelegt. Ich spare mir die Frage nach einem Weinkühler und beschliesse, halt ein bisschen schneller zu trinken, dann wird der Rosé auch nicht warm.



Unter einem Paar Arbeitshandschuhe (man sieht ihnen an, dass damit auch wirklich gearbeitet wird) entdecke ich die Speisekarte. .. Gerhard schaut mich entsetzt an: "Du willst doch hier nicht tatsächlich etwas essen?" Doch, ich will! "Duuu? Du bist doch sonst immer die Empfindliche... "
Doch! Ich will! Wenn hier täglich mittags und abends Gästescharen hinpilgern und man abends keinen Platz bekommt, kann es so schlecht doch nicht sein. Also, ich bestelle Galette complète, also mit Schinken, Käse, Ei. Monsieur fasst sich ein Herz (oder treibt ihn der Hunger?) und tut es mir nach. Mittlerweile haben sich auch noch andere Gäste eingefunden und beleben die ganze Atmospähre ein wenig. Der Patron setzt sich zu den Gästen an den Tisch, zwischendrin steht er auf, legt Bratwürste auf den grossen Grill im Raum, serviert uns die köstlich schmeckenden Galettes:



Ich bekomme Lust auf die köstlich vor sich hin bruzzelnden Saucisses im Kamin... und bestelle mir welche. Die restlichen Gäste essen die Spezialität des Hauses: Moules, frites, manche tun es auch uns nach und essen galettes.

Die Bratwurst wird serviert - ich bitte um ein Stück Baguette - ein freundlich lächelndes, aufforderndes Kopfnicken zum Brotschneidebrett - daneben liegt das Brotmesser - ich verstehe - selbst ist die Frau.

Während ich genussvoll die wirklich gute und würzige Bratwurst verspeise, widmet sich Monsieur eingehend der Betrachtung der diversen Akte, die überall im Raum verteilt sind. 

Ich weiss zwar nicht, ob es mir nochmal gelänge, Gerhard zu einem zweiten Besuch hier zu überreden, aber ein Erlebnis war es doch 😏😄

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